Wie Räume mittrauern – Wohnen zwischen Verlust und Neubeginn
- Katia Steilemann

- 6. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Trauer – ob durch Kummer oder Tod – spiegelt sich auch in deinem Zuhause wider.

Trauer ist kein rein innerer Prozess. Sie zeigt sich nicht nur in Gedanken und Gefühlen, sondern auch im Raum, der uns täglich umgibt. Unser Zuhause spiegelt wider, wie wir uns fühlen – und kann gleichzeitig zu einem wichtigen Begleiter auf dem Weg durch den Schmerz werden.
Die bekannte Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross hat die fünf Phasen der Trauer beschrieben: Schock, Wut, Verhandeln, Depression und Akzeptanz. Meine Erfahrung zeigt, dass sich diese Phasen nicht nur in unserem Inneren abspielen, sondern oft sichtbar in unserer Wohnumgebung werden. Wie, das habe ich in diesem Artikel festgehalten.

1. Schock – wenn die Zeit stillsteht
Psychologisch: In dieser Phase fühlt sich alles unwirklich an. Betroffene berichten, dass sie „wie betäubt“ sind, als würden sie neben sich stehen. Gedanken drehen sich um das Unfassbare: „Das kann nicht wahr sein …“, „Das darf nicht passiert sein.“ Das Nervensystem ist im Ausnahmezustand, viele spüren körperliche Starre.
Im Raum: Die Wohnung wirkt eingefroren. Der Abwasch bleibt stehen, Wäsche stapelt sich, die Spülmaschine wird nicht ausgeräumt. Oft hält man sich nur noch in einem Raum auf, während der Rest unberührt bleibt – als hätte sich nichts verändert.

2. Wut – wenn die Welt falsch erscheint
Psychologisch: Die Trauer schlägt in Ärger um: auf das Schicksal, auf andere, manchmal sogar auf sich selbst oder den Anderen / Verstorbenen. Gedanken sind geprägt von Ungerechtigkeit: „Warum ich?“, „Das darf nicht sein!“, oder „Hätte ich …“. Diese Emotion sucht ein Ventil, und oft wird sie unkontrolliert entladen.
Im Raum: Wut zeigt sich in der Art, wie man mit Dingen umgeht. Türen werden zugeschlagen, Möbel wirken plötzlich im Weg, Gegenstände werden weggeworfen oder zerstört. Manche putzen aggressiv, fast schon „gegen den Schmerz an“. Der vertraute Raum fühlt sich plötzlich falsch und unerträglich an.

3. Verhandeln – festhalten und kontrollieren wollen
Psychologisch: Hier beginnt der innere Dialog: „Wenn ich dies oder das tue, vielleicht wird es leichter …“ oder „Hätte ich damals anders entschieden, wäre alles anders gekommen.“ Schuldgefühle, Reue und zwanghafte Gedankenschleifen sind typisch. Das Bedürfnis nach Kontrolle ist groß, weil der Verlust selbst so unkontrollierbar war.
Im Raum: Bestimmte Gegenstände werden nicht angerührt, Plätze bleiben unberührt, Routinen werden starr wiederholt. Ordnung wird hinterfragt, manchmal werden Dinge plötzlich sehr wichtig, die man sonst kaum beachtet hat. Das Zuhause wird zu einem Ort, an dem man versucht, den Verlust durch Symbole oder Handlungen abzumildern.

4. Depression – wenn die Schwere überhandnimmt
Psychologisch: In dieser Phase dominiert Hoffnungslosigkeit. Gedanken kreisen um Endgültigkeit: „Es ist vorbei.“, „Ich werde nie wieder glücklich sein.“ Gefühle sind leer, schwer und dunkel. Oft zieht sich die Person zurück, Kontakte und Aktivitäten brechen weg, das Leben fühlt sich sinnlos an.
Im Raum: Der Haushalt bleibt liegen, Chaos sammelt sich, Pflanzen vertrocknen. Rollos bleiben unten, Räume werden nicht gelüftet. Menschen verbringen die meiste Zeit im Bett oder auf dem Sofa, die Wohnung schrumpft auf einen kleinen „sicheren Ort“. Gäste sind nicht willkommen. Das Zuhause wird zur Höhle – dunkel, still und schwer, ein Ort des reinen Aushaltens.

5. Akzeptanz – Neubeginn im Raum
Psychologisch: Mit der Zeit wächst die Fähigkeit, den Verlust in die eigene Lebensgeschichte zu integrieren. Gedanken wandeln sich: „Es tut weh, aber ich kann weitergehen.“ Erinnerungen bleiben wichtig, aber sie lähmen nicht mehr. Man kann wieder nach vorne blicken, ohne das Vergangene zu verleugnen.
Im Raum: Der Haushalt wird wieder Teil des Lebens. Möbel werden verschoben, Wände gestrichen, neue Deko oder Farben finden ihren Weg in die Wohnung. Gäste dürfen wieder kommen. Erinnerungsstücke haben noch Platz, doch sie sind nicht mehr das Zentrum. Das Zuhause öffnet sich wieder für Leben – es trägt, hält und gibt Kraft.

Fazit: Dein Zuhause als Begleiter durch die Trauer
Trauer ist ein innerer Prozess, doch unser Raum geht immer mit. Er kann Stillstand spiegeln, Wut entladen, Rückzug verstärken – oder aber zum sanften Begleiter werden, wenn wir bereit sind, ihn neu zu gestalten.
Wenn du erlaubst, kann dein Zuhause dich aus der Trauer heraus ins Leben zurücktragen. Es darf Erinnerungsort sein – und zugleich ein Raum für Neubeginn.
Wenn du das Gefühl hast, dein Raum hält dich gerade eher fest, statt dich zu stützen: Ich begleite dich mit Raumgestaltung und Mental-Coaching. Buche einfach ein konstenloses Vorgespräch.

Die Autorin: Katia Steilemann ist Raumexpertin, Mental-Coach und Präventologin. Sie zeigt, wie wir mehr aus unserem Zuhause machen – damit wir dort Kraft für unseren Alltag tanken können. Ihre Tipps sind bekannt im RTL, WDR, SAT1.
Fotocredits: Canva



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